Wochenthema: Leben im Mittelalter

Ballade: Der Handschuh (Friedrich Schiller)

Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.

Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
Auf das Tigertier;
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf - da wird´s still.
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern sich die greulichen Katzen.

Und wie er winkt mit dem Finger,
Auf tut sich der weite Zwinger
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt
Und sieht sich stumm,
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen
Und streckt die Glieder
Und legt sich nieder.

Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Löwen
Mitten hinein.

Und zu Ritter Delorges spottender Weis´
Wendet sich Fräulein Kunigund:
"Herr Ritter, ist eure Lieb so heiß,
Wie Ihr mir´s schwört zu jeder Stund,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf!"

Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behend
Ein Zweites Tor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor.
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu,
Grimmig schnurrend;
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.

Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbaren Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger

Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehen`s die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus jeder Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick -
Er verheißt ihm sein nahes Glück -
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
"Den Dank, Dame, begehr' ich nicht!"
Und verlässt sie zur selben Stunde.

Zu den Szenen passende Bilder

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